Geschichten darüber, wie sich Handwerker bei Kunden benehmen oder besser aufführen, gibt es (leider) wie Sand am Meer. Mag auch vieles übertrieben sein und oft zum Scherz von den eigenen Kollegen ausgeschmückt und kolportiert, bleibt doch noch ein gewisser Prozentsatz, der der Wahrheit entspricht.
Mit Kunden oder Geschäftspartnern angemessen umgehen, kann gerade im handwerklichen Dienstleistungsbetrieb über wohl und wehe des Unternehmens entscheiden. Denn jeder Besuch beim Kunden erzeugt entweder positive oder negative Mundpropaganda und kann, muss aber nicht, Folgeaufträge nach sich ziehen. Es lohnt sich also, ein wenig am eigenen Auftreten und dem eventuellen Mitarbeiter zu feilen.
Adolph Knigge: über den Umgang mit Menschen
Im Jahr 1788 brachte der Schriftsteller Adolph Franz Friedrich Ludwig Freiherr Knigge ein Buch heraus, das sich mit Höflichkeit und Taktgefühl im Umgang mit anderen Menschen beschäftigt. Knigge selbst wollte das Werk nicht als Anleitung zu gutem Benehmen verstanden wissen, sondern als Aufklärungsschrift im sozialen Umgang. Erst sein Verlag machte nach Knigges Tod im Jahr 1796 daraus den sehr erfolgreichen Benimmratgeber, der bis heute als Synonym dafürsteht, wie sich Menschen in Gesellschaft benehmen sollten. Das war im Übrigen bereits im 18. Jahrhundert keineswegs nur auf den Adel bezogen. Knigge, der seinen Adelstitel „von“ als Anhänger der Französischen Revolution ablegte, beschäftigte sich mit dem richtigen Verhalten gegenüber Kindern genauso wie beispielsweise mit bestimmten Berufsgruppen, aber auch gegenüber „Jähzornigen“ oder „Schurken“.
Wofür steht ein Handwerker Knigge?
Wie eine Person auf die andere Person wirkt, hängt mit einer ganzen Reihe von Faktoren zusammen. Jeder einzelne dieser Faktoren beeinflusst die Haltung des Gegenübers mehr oder weniger negativ oder positiv. Dabei gibt es jedoch keine generellen Schwerpunkte. Darum ist es gerade beim Umgang mit Kunden oder Geschäftspartnern wichtig, ein Verhalten an den Tag zu legen, das einfach jedes mögliche Fettnäpfchen vermeidet. Dieser Handwerker Knigge erklärt in kurzen Sätzen die wichtigsten Punkte hierzu:
Vor dem Besuch beim Kunden / Geschäftspartner
1. Arbeitskleidung ist sauber und sitzt ordentlich
2. Frischer Schweiß, etwa aufgrund einer kurz zuvor ausgeführten Arbeit, ist kein Problem. Alter Schweiß vom Tag zuvor ist ein Problem. Möglichst kein aufdringliches Deo oder Rasierwasser (kleiner Tipp: Fragen Sie vorher eine Frau, wie sie den Duft findet)
3. Das Firmenfahrzeug ist sauber, gepflegt und wenn möglich, neuerer Bauart.
Die erste Begegnung
1. Distanzzone einhalten, mindestens eine Armlänge
2. Aufrecht stehen, sein Gegenüber direkt ansehen, Hände nicht in den Hosentaschen. Ein Klemmbrett oder etwaige Papiere in den Händen helfen dabei, die Hände eben nicht zu verstecken, was als Verlegenheitsgeste oder Desinteresse betrachtet wird.
3. Händedruck zur Begrüßung, bei Ehepaaren Mann/Frau immer zuerst der Frau die Hand reichen. Bei gleichgeschlechtlichen Paaren immer die augenscheinlich ältere Person. Der Händedruck darf fest sein, aber nicht übertrieben und vor allem die anvertraute Hand nicht wirklich schütteln.
4. Bei der Anrede die korrekte Tageszeit benennen („guten Morgen“ Mittags um 12:30 Uhr macht Sie in den Augen des Kunden zum Langschläfer)
5. Dialekte sind sicher eine schöne Tradition, aber nicht jeder Kunde ist zugleich ein „Eingeborener“.
6. Den oder die Kunden mit ihren Nachnamen ansprechen. Lesen Sie schwierige Namen gegebenenfalls vom Blatt ab, aber versuchen Sie es auf jeden Fall. Der Kunde akzeptiert einen falsch ausgesprochenen Namen und korrigiert ihn dann meist. Das ist viel besser, als den Nachnamen nicht zu sagen, was als Ignoranz ausgelegt werden kann. Das Kunden oder Geschäftspartner nicht geduzt werden, versteht sich von selbst, es sei denn, es wird von deren Seite aus angeboten.
Über den Auftrag oder die Aufgabe mit dem Kunden reden
In der Regel ist klar, was zu tun ist. Erklären Sie dem Kunden, wo genau Sie in den Räumlichkeiten hinmüssen und fragen Sie höflich, ob dies möglich ist. Natürlich ist es möglich, sonst können Sie ja Ihre Arbeit nicht erledigen. Trotzdem ist es besser, zu fragen, denn der oder die Kundin behält so die Kontrolle über das Geschehen und fühlt sich nicht übergangen. Denken Sie immer daran, Sie als Handwerker befinden sich auf dem Territorium des Kunden, Sie sind der Eindringling, wenn auch dazu eingeladen.
Smaltalk
Nicht selten erfahren Handwerker bei Kundenbesuchen in kurzer Zeit die gesamte Lebensgeschichte ihrer Klienten. Umgekehrt sollte es jedoch nicht so sein. Vor allem die Themen Tod, Politik und Religion sind sehr heiße Eisen. Bei Fragen vom Kunden oder eher den Aufforderungen, zu diesen Themen Stellung zu beziehen, hilft meist der Satz: “Ich habe mir dazu noch kein eigenes Bild gemacht“. Wenn es ganz eng wird, muss eben mal schnell ein Werkzeug oder ein Ersatzteil aus dem Auto geholt werden.
Die Baustelle, das Arbeitsumfeld
1. Schmutz und Dreck so weit wie möglich vermeiden und schnellstmöglich beseitigen.
2. Mit Abdeckfolien arbeiten.
3. Werkzeuge liegen nicht im ganzen Raum verteilt herum, sondern werden nach Gebrauch zurück in den Werkzeugkasten gelegt.
4. Können Flüssigkeiten austreten, selbst entsprechende Behältnisse zum Auffangen mitbringen.
5. Ölverschmierte Fingerabdrücke auf Wänden oder Möbeln vermeiden.
Der Umgang von Kollege zu Kollege
Werden für die Arbeit beim Kunden zwei oder mehr Mitarbeiter benötigt, ist auf deren Umgangston zu achten. Niemand erwartet ein dauerndes „Bitte“ oder „Danke“ bei Handreichungen, aber auch kein Fluchen, Schreien, zotige Witze oder etwa obszöne Gesten. Auch wenn Sie sich unbeobachtet glauben, Sie wissen nie, wie hellhörig das Haus oder die Wohnung ist und Sie wissen auch nicht, was der Kunde alles sieht. Die Mitarbeiter bewegen sich nur in den Räumlichkeiten, in denen gearbeitet wird und wenn es sich nicht vermeiden lässt, die Toilette aufsuchen zu müssen, unbedingt vorher um Erlaubnis bitten.
Die Baustelle beenden
1. Werkzeuge und überschüssiges Material abräumen
2. Soweit möglich und nötig, Flächen, Armaturen oder Schalter säubern
3. Den Kunden zur Abnahme der ausgeführten Arbeiten bitten und erklären, was getan wurde. Danach darum bitten, das Abnahmeprotokoll zu unterschreiben.
4. Sich mit einem Händedruck inklusive Augenkontakt verabschieden, dabei die eigene Visitenkarte überreichen und darauf hinweisen, dass Sie bei Problemen jederzeit erreichbar sind.
Die Regeln des Handwerker Knigge einzuhalten, dürfte nicht allzu schwerfallen und als Belohnung gibt es dann oft auch Folge-Aufträge.
Wir vom Fradashop wünschen viel Spaß mit den Handwerker Tipps